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    Faszientraining - aber richtig!

    Aktualisiert: 24. Mai 2019

    Eine ideale Ergänzung zu Yoga für mehr Flexibilität und zur schnelleren Regeneration


    Quelle: (2014) Schwind: Faszien - Gewebe des Lebens. Irisiana Verlag, München.


    Letzten Sommer habe ich am eigenen Leib erfahren, was Faszientraining alles kann: Bei einem Unfall in den Bergen, hatte ich mir das Innenband meines rechten Knies fast vollständig abgerissen. Dies passierte ausgerechnet während meiner Yogalehrerausbildung und vor unserem geplanten Norwegen-Trekking. Die verordnete Schiene brachte mich auf dem Weg zur schnellen Genesung eher zurück statt vorwärts, weshalb ich mich aus der Not nach Alternativen umschaute. Dabei bin ich auf das Myofasziale Taping nach Erhard gestossen und es eröffnete mir die faszinierende Welt der Faszien: Ein unglaublich spannendes Thema, welches völlig zu unrecht noch viel zu wenig Aufmerksamkeit in der Medizin erfährt:


    Das muskuläre Bindegewebe spielt eine ebenso wichtige Rolle für jede Art der Bewegung wie die Muskeln selbst. Es umhüllt und verbindet alle Muskeln, Organe, Gefässe und Nerven im unserem Körper. Geschmeidige Faszien sind daher von grosser Bedeutung für die Gesundheit unseren gesamten Organismus und unser Wohlbefinden.

    Faszien bestehen aus den Proteinen Kollagen (Zusammenhalt) und Elastin (elastische Spannkraft) und einem wässrigen, gelartigem Gemisch aus Zucker-Eiweiss-Verbindungen und Hyaloronsäure (Schmiere: Ein Viertel des Körperwasseranteils ist im Bindegewebe gespeichert).

    Faszien enthalten ausserdem Nervenenden und sind daher unablässlich für unsere Körperwahrnehmung.


    Durch extremen Sport, aber auch durch Bewegungsmangel und Schonhaltungen, emotionale Grundspannungen, Operationen oder Narben können sich Faszien verkürzen, verhärten und folglich ganze Körperregionen geschädigt werden. Dadurch, dass sich die Strömungskanäle des Zwischenzellraums verengen, kann die Lymphflüssigkeit nicht mehr frei im Körper zirkulieren und ihre Aufgaben erledigen: Die Zellen werden nicht mehr ausreichend versorgt, Abfallprodukte nicht mehr abtransportiert, das Gewebe übersäuert.

    Kommt es dadurch zu einem regelrechten Stau, setzt die Lymphe einen Stoff frei, der eigentlich für die Blutgerinnung bei Wunden zuständig ist: Fibrin. Seine Aufgabe ist es bei Verletzungen das Gewebe wie ein Klebstoff zusammenzuhalten. Auf die sowieso schon ruhig gestellten Faszien wirkt sich das so aus: Sie beginnen zu verkleben und zu verfilzen, verlieren ihre Gleitfähigkeit und lassen somit eine Regeneration der Muskelfasern kaum mehr zu. Schmerzen, Steifheit und der Verschleiss von Gelenken (s. Blogbeitrag zu Arthrose) und der Wirbelsäule sind die Folge.

    Unbeschwerte Bewegungsfreude ist also nur durch regelmässige Bewegung möglich.


    Die ganze Muskelkette muss angesprochen werden

    Faszien erhalten ihre Struktur und Bewegungsmöglichkeiten erst durch Bewegungsgewohnheiten. Im Fasziennetzwerk gibt es einige grössere Muskel-Faszien-Ketten (myofasziale Zugbahnen). In einem wirksamen Training sollten Muskeln deshalb niemals isoliert aktiviert werden. Oft ist letzteres im Krafttraining der Fall, wodurch es dazu kommt, dass ein isoliert trainierter Muskel die Bewegungsmöglichkeiten der umgebenden Muskeln blockiert (Impingement-Syndrom).

    Der vollständiger Bewegungsspielraum ist erst gegeben, wenn Antagonisten und Synergisten koordiniert zusammenarbeiten. Zum Beispiel ist die Kontraktion des einen Muskels (Agonist) - sei es der Beuger - nur vollständig möglich, wenn sein Gegenspieler (Antagonist) - der Strecke - entspannt ist, durch dessen Kontraktion sich wiederum der erste Muskel dehnen kann.

    (Als ein spannendes Phänomen möchte ich hier auch noch das PIR (Postisometrische Relaxation) erwähnen: Im Vinyasa-Yoga spannen wir oft einen Muskel an, den wir später dehnen möchten. Diese Anspannung (mindestens 2 Minuten) macht überhaupt erst seine spätere Entspannung und damit Dehnung möglich!)


    Die drei worst mistakes beim Faszientraining


    Diese Schaumrollen hat man vielleicht schon mal gesehen. Die gibt es in verschiedenen Weichheitsgraden, Formen und Farben von verschiedenen Herstellern - meist auch mit beiliegender Anleitung. Im Prinzip rollt man sich damit zu einem geschmeidigem Teig. Aber Achtung: wenn folgende 3 Punkte nicht beachtet werden, verkleben die Faszien noch mehr, als dass man ihnen etwas gutes tut:


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    Faszienrolle und Faszienball von Blackroll
    1. Rolle die ganze Kette aus und nur in eine Richtung: Ich würde hier immer in Richtung Körpermitte empfehlen, da so die bewegte Lymphflüssigkeit am schnellsten abtransportiert wird.

    2. Rolle langsam: Zu schnelles Rollen überfordert die Ansprache der Zellen und führt zu noch mehr Verfilzungen.

    3. Rolle nicht zu oft: 2-3x pro Kette und Seite ist völlig ausreichend. Wie Trainingseinheiten brauchen auch die Faszien Pausentage.





    Neben Rollen gibt es auch noch Faszienbälle und Zwillingsbälle. Letztere funktionieren wie die Rollen, nur eben mit Aussparung für die Wirbelsäule. Damit kann man beispielsweise die Rückenstrecker gezielt ansprechen. Ansonsten würde ich für punktuelle Beschwerden, wie meine Bandverletzung am Knie oder für die Mobilisation nach Handgelenksverletzungen die Faszienbälle empfehlen. Solange eine Verletzung noch nicht verheilt ist, sollte man die Faszien nur unter besonderer Vorsicht ansprechen. Nach der Heilung können aber solche punktuellen Reize wahre Wunder bei der Regeneration der Belastbarkeit bewirken.

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